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04. November 2022 | Markenrecht | von Dr. Christian Hadeyer

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Vorrechts- und Abgrenzungsvereinbarung sind beliebte Maßnahme, um potentielle markenrechtliche Auseinandersetzungen beizulegen, sei es, weil der potentielle Konflikt eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht lohnt, oder sei es, dass das potentielle Risiko zu groß und der Ausgang zu ungewiss ist, dass eine solche Vereinbarung (gerade noch so) akzeptabel ist und einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorgezogen wird.

Dass die Beteiligten die Tragweite einer solchen Vereinbarung keineswegs unterschätzen dürfen, zeigt – einmal mehr – eine aktuelle Entscheidung des LG München.

 

Ausgangspunkt einer Vereinbarung aus 1974 war die Frage um die Schutzfähigkeit der Marke „SPEZI“ in Deutschland. (Schon damals?, könnte man sich fragen, aber das wäre eine andere Geschichte…)

Auf der einen Seite stand die Fa Riegele, seit den 50er Jahren Inhaberin einiger SPEZI-Marken im Bereich Bier und alkoholfreier Getränke, und auf der anderen die Paulaner Brauerei, die unter der Marke SPEZI ein Cola-Mischgetränk anbot und in großen Mengen verkaufte. Zur Beilegung einer gerichtlichen Auseinandersetzung wurde eine Vereinbarung geschlossen, mit der Paulaner die Verwendung der Marke SPEZI für ein Cola-Mischgetränk gestattet wurde.

2021 kündigte Paulaner die Vereinbarung auf und begehrte die gerichtliche Feststellung, dass die Vereinbarung aufgelöst ist, woraufhin Riegele eine Widerklage wegen Markenverletzung erhob.

Das Gericht hielt fest, dass es sich bei der gegenständlichen Vereinbarung nicht um eine Lizenzvereinbarung handelt, sondern um eine klassische Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung (oft auch ein wenig mussverständlich als „Negativlizenz“ bezeichnet). Wesentliches Element einer solchen ist regelmäßig, dass sie während der Existenz der betreffenden Marken nicht (ordentlich) kündbar ist. Gründe für eine außerordentliche Kündigung, die in der Sphäre des anderen Vertragspartners liegen müssen, lagen nicht vor.

Im Ergebnis urteilte das LG München daher, dass die Vereinbarung weiterhin aufrecht ist. Eine Entscheidung, die die bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass solche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen für die Ewigkeit (dh für die grundsätzlich unbeschränkte Laufzeit der Marken) gedacht sind; wie vor einigen Jahren eine vergleichbare Entscheidung zu Jägermeister gegen Underberg gezeigt hat, sind auch geänderte wirtschaftliche Verhältnisse kein Grund, eine solche Vereinbarung aufzukündigen.

 

Für die Praxis ist es umso wichtiger, solche Vereinbarung nicht nur für den Moment zu schließen, sondern auch möglichst vorausschauend, um nicht in der Zukunft Beschränkungen ausgesetzt zu sein, die die wirtschaftliche Verwertung der eigenen Marke(n) über Gebühr behindert.

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