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24. Juni 2019 | Gerichtsverfahren | von Prof. Dr. Johannes Hintermayr und Julia Kliemstein

EuGH: Verstoß gegen Unionsrecht durch deutsche Vignette

Im Verfahren Republik Österreich gegen Bundesrepublik Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (Rechtssache C-591/17) kam es am 18. Juni 2019 zu einem Urteil.

In Deutschland wollte man durch die Einführung einer Infrastrukturabgabe eine Änderung hinsichtlich der Finanzierung der Straßeninfrastruktur erreichen, indem man von einem System der Steuerfinanzierung zu einem neuen Finanzierungssystem wechselte, welches sich am „Benutzerprinzip bzw. Verursacherprinzip“ orientiert. Die Höhe der Abgabengebühr bemisst sich nach Hubraum, Antriebsart und Emissionsklasse des Fahrzeugs.

Während die Halter für in Deutschland zugelassene Fahrzeuge eine Jahresvignette mit einem Betrag von maximal 130 Euro zu entrichten haben, sollten die Halter oder Fahrer von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen die Wahl zwischen einer Zehntages-, Zweimonats- oder Jahresvignette (jedoch nur erforderlich für die Autobahn).

Allerdings hat Deutschland auch vorgesehen, dass den Haltern von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen eine Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer zugutekommt, die der Höhe nach mindestens der Infrastrukturabgabe entspricht, die sie vorher entrichten mussten.

Österreich ist der Ansicht, dass dieses Vorgehen, insbesondere die Verknüpfung aus Infrastrukturabgabe und Steuerentlastung gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstoße. Nachdem sich die Kommission nicht dazu geäußert hatte, erhob Österreich vor dem Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage gegen Deutschland.

Der Gerichtshof stellte in seinem Urteil fest, dass die Verbindung der Infrastrukturabgabe mit der Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer, die den Haltern von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen zugutekommt, eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellt. Die Verbindung zwischen Abgabe und Steuerentlastung führt zu einer vollständigen Kompensation der Abgabe. Daher liegt die wirtschaftliche Last dieser Abgabe tatsächlich allein auf den Haltern und Fahrern von in anderen Mitgliedsstaaten zugelassenen Fahrzeugen.

Deutschland steht es grundsätzlich frei, das System zur Finanzierung der Infrastruktur von einem System der Steuerfinanzierung zu einem System des Benutzerprinzips zu ändern. Dass dabei alle Nutzer, auch die Fahrer und Halter von in anderen Mitgliedsstaaten zugelassenen Fahrzeugen, welche die Infrastruktur nutzen, in gerechter und verhältnismäßiger Weise zur Finanzierung beitragen müssen, schadet nicht. Allerdings muss dabei das Unionsrecht gewahrt bleiben. Im vorliegenden Fall hat Deutschland dabei einerseits gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstoßen, andererseits aber auch gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs.

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