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22. September 2025 | Lauterkeitsrecht | von Mag. Elisa Girleanu und Dr. Christian Hadeyer

Iglo - Irreführung durch Shrinkflation

Viele Unternehmen, insbesondere im Lebensmittelbereich, haben in den letzten Jahren ihre Preise um ein Vielfaches erhöht. Neben direkten Preissteigerungen, die Konsument*innen unmittelbar am Preisschild oder an der Kassa auffallen, setzen Unternehmen allerdings zunehmend auf andere Mittel, um Preiserhöhungen zu verschleiern. Eine dieser Methoden ist die sogenannte „Shrinkflation“: Statt den Stückpreis für das Produkt zu erhöhen, reduzieren Unternehmen bei gleichbleibendem Preis stattdessen den Verpackungsinhalt. Konsument*innen zahlen somit den gleichen Preis für weniger Inhalt.

Trotz weniger Inhalt werden die Produkte häufig in derselben Verpackungsgröße wie gewohnt verkauft. Für viele Konsument*innen ist somit auf den ersten Blick nicht sofort ersichtlich, dass sie weniger Inhalt erwerben. „Shrinkflation“ ist daher auch in den Fokus von Verbraucherschutzorganisationen geraten.  Nicht zuletzt verklagte eine deutsche Verbraucherzentrale den Lebensmittelkonzern Mondelez, welcher die beliebten Milka- Schokoladetafeln von 100 auf 90 Gramm reduzierte. Während die Schokoladetafeln dünner wurden, blieb die Verpackungsgröße gleich. Irreführend, so die Verbraucherzentrale Hamburg (siehe https://www.vzhh.de/themen/mogelpackungen/milka-vor-gericht). 

Auch in Österreich gibt es ein erstes Urteil, in dem das Unternehmen Iglo rechtskräftig wegen irreführender „Shrinkflation“ beim „Atlantik Lachs“ verurteilt wurde. Hier wurde der VKI tätig, nachdem Iglo 2023 die Nettofüllmenge beim „Atlantik Lachs“ von 250 auf 220 Gramm reduzierte und klagte wegen irreführender Geschäftspraktik. Denn auch Iglo verkaufte die reduzierte Lachsmenge in derselben Verpackungsgröße wie zuvor. Konsument*innen wurden somit über eine Preissteigerung getäuscht.

 

Das Oberlandesgericht Wien bestätigte in einem aktuellen Urteil (4 R 197/24f), dass mit dieser „Shrinkflation“-Praktik sowohl über die Beschaffenheit des Produkts (§ 2 Abs 1 Z 2 UWG) als auch über den Preis (§ 2 Abs 1 Z 4 UWG) getäuscht wurde. Sieht der Durchschnittsverbraucher dieselbe Verpackungsgröße zu demselben Preis, so rechnet er nicht mit einer Reduktion des Inhalts. Auch wenn die korrekte Füllmenge auf der Vorderseite der Verpackung angebracht ist, ergibt sich für den Durchschnittsverbraucher daraus nicht unmittelbar ein Hinweis auf die reduzierte Füllmenge; zumal sich viele Konsument*innen rein anhand der Gewichtsangabe nicht vorstellen können, wie viel zB Fisch sie tatsächlich erhalten, bis sie die Verpackung gekauft und geöffnet haben.

Konsument*innen kann jedenfalls nicht zugemutet werden, ihnen bereits bekannte Produkte bei jedem Kauf auf jegliche Verpackungsinformationen zu überprüfen, um versteckte Preiserhöhungen zu bemerken. Die Produktaufmachung, nämlich gleiche Verpackungsgröße bei weniger Inhalt, täuscht daher nicht nur über die Menge, die Konsument*innen erwerben. Mit dieser Praktik wird zusätzlich über den Preis getäuscht, da statt einer direkten Preiserhöhung über den Stückpreis bloß der Grundpreis durch die Reduktion der Füllmenge intransparent angehoben wird. Eine korrekte Erhöhung und Wiedergabe des Grundpreises kann in diesem Fall eine Irreführung nicht verhindern.

Das OLG Wien betont, dass der Preis ein wesentliches Kriterium für die Kaufentscheidung von Konsument*innen ist. Wird eine Preiserhöhung durch Reduktion der Füllmenge verschleiert, kann dies die Kaufentscheidung von Konsument*innen beeinflussen. Nicht überzeugend war daher das Argument von Iglo, dass sich Konsument*innen an die neue „Shrinkflation“-Füllmenge „gewöhnt“ hätten. Eine „Gewöhnung der Verbraucher an irreführende Geschäftspraktiken“ stellt keine Rechtfertigung für lauterkeitswidriges Verhalten dar, so auch das OLG Wien.

Insbesondere im Lebensmittelbereich setzt diese Entscheidung den beliebten „Shrinkflation“-Praktiken wohl nunmehr Schranken. Das OLG Wien stellt schlussendlich auf die Kaufumstände ab: Muss der Durchschnittsverbraucher etwa anhand von unverändertem Stückpreis und unveränderter Verpackungsgröße keine Reduktion der Nettofüllmenge erahnen, so muss der Hersteller an anderer Stelle ausreichend auf die geringere Füllmenge hinweisen.


Bildquelle: https://konsument.at/ 

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