News

Zurück zur Übersicht

Zurück

Archiv

Tags

10. Juni 2020 | Allgemein, Datenschutzrecht, Lauterkeitsrecht | von Patrick Thaller, Mag. Alexander Hofer und Dr. Christian Hadeyer

Neue Vorschriften bei Online-Vermittlungsdiensten ab Juli 2020

Die vom Europäisches Parlament erlassene Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten („Platform-to-Business-Verordnung) gilt ab dem 12. Juli 2020 unmittelbar ohne weitere nationale Umsetzungsakte in den EU-Mitgliedsstaaten. Dieses neue Regelwerk legt den Online-Vermittlungsdiensten sowie den Online-Suchmaschinen umfassende neue Rechtspflichten auf. Die neue Verordnung soll zu einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes beitragen und im Hinblick auf gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten und Nutzer mit Unternehmenswebsites im Hinblick auf Suchmaschinen eine angemessene Transparenz, Fairness und wirksame Abhilfemöglichkeiten schaffen.

Die Verordnung findet im Verhältnis zwischen den Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten sowie Online-Suchmaschinen und den gewerblichen Nutzern solcher Dienste Anwendung. Der Geltungsbereich dieser Verordnung erstreckt sich auf Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen unabhängig davon, ob sie in einem Mitgliedstaat oder außerhalb der Union niedergelassen sind, sofern die gewerblichen Nutzer in der Union niedergelassen sind und Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher anbieten, die sich zumindest hinsichtlich eines Teiles der Transaktion in der Union befinden. Kleinunternehmer mit bis zu 49 Mitarbeiter bzw. einem Umsatz von weniger als 10 Mio. EUR sind von einzelnen Bestimmungen teilweise ausgenommen.

Online-Suchmaschinen sind digitale Dienste, die es Nutzern ermöglichen, anhand eines Stichworts, einer Spracheingabe, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe auf Webseiten zu einem beliebigen Thema, eine Suche vorzunehmen. Online-Vermittlungsdienste müssen darauf ausgerichtet sein, die Anbahnung direkter Transaktionen zwischen den gewerblichen Nutzern und Verbrauchern zu vermitteln. Unter Online-Vermittlungsdienste fallen beispielsweise die klassischen Handelsplattformen wie Amazon und eBay oder auch Reiseportale, App Stores oder soziale Netzwerke, sofern diese eine gewerbliche Nutzung ermöglichen.

 

Ein wesentlicher Regelungsgegenstand der Verordnung betrifft die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Online-Vermittlungsdiensten. Die Anbieter müssen ihre AGB klar und eindeutig formulieren und diese müssen auch jederzeit – auch in der vorvertraglichen Phase – leicht verfügbar sein. Die jeweiligen Bestimmungen der AGB, die den Vorgaben nicht entsprechen, sollen nichtig sein und so behandelt werden, als hätten sie nie bestanden.

Die Verordnung enthält hinsichtlich der AGB weitgehende Transparenzanforderungen in Form von konkreten Inhaltsvorgaben. Die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten müssen in ihren AGB die Gründe benennen, nach welchen Kriterien die Bereitstellung ihrer Dienste für gewerbliche Nutzer vollständig oder teilweise ausgesetzt, beendet oder eingeschränkt werden. Damit gewerblichen Nutzern ausreichend klar ist, wo und an wen ihre Waren oder Dienstleistungen vermarktet werden, sollten die Anbieter Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder etwaige Partnerprogramme zur Verfügung stellen. In den AGB müssen auch allgemeine Informationen zu den Auswirkungen der AGB auf die Inhaberschaft und die Kontrolle von Rechten des geistigen Eigentums gewerblicher Nutzer enthalten sein.

Die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten müssen die betroffenen gewerblichen Nutzer über jegliche geplanten Änderungen ihrer AGB 15 Tage vor ihrer Umsetzung unterrichten. Die informierten gewerblichen Nutzer haben innerhalb dieser 15-Tagesfrist das Recht, den Vertrag mit dem Anbieter aufzukündigen.

Die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen sind verpflichtet, in ihren AGB jedwede differenzierte Behandlung von Waren und Dienstleistungen zu erläutern, insbesondere wenn der Plattformbetreiber nicht nur die Plattform betreibt, sondern dort auch selbst Waren oder Dienstleistungen anbietet.

Sowohl Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten als auch Anbieter von Online-Suchmaschinen müssen Transparenzanforderungen beim Einsatz von Rankings einhalten. Ranking ist die relative Hervorhebung von Waren und Dienstleistungen, die über Online-Vermittlungsdiensten angeboten werden, oder die Relevanz, die Suchergebnisse von Online-Suchmaschinen zugemessen wird. Die Anbieter müssen die das Ranking bestimmenden Hauptparameter wie Kriterien, Prozesse und Signale in Algorithmen sowie verfügbare Möglichkeiten zur aktiven Beeinflussung des Rankings gegen Entgelt im Vorfeld darlegen und die Gründe für die relative Gewichtung gegenüber anderen Parametern darstellen und Erläuterungen dazu anführen. Die Vorhersehbarkeit soll ein willkürliches Ranking weitgehend ausschließen. Dazu sollte die Kommission Leitlinien erarbeiten, welche als Hilfestellung bei der Anwendung dienen soll.

Die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten sind verpflichtet, ein internes Beschwerdemanagementsystem für die Bearbeitung von Beschwerden gewerblicher Nutzer einzurichten. Jegliche Bemühungen, eine Einigung mithilfe dieses Beschwerdemanagementsystems herbeizuführen, berühren nicht das Recht, während des internen Verfahrens oder danach jederzeit Klage vor Gericht zu erheben. Das Beschwerdemanagementsystem muss für gewerbliche Nutzer leicht zugänglich und kostenfrei sein sowie eine Bearbeitung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens garantieren. Die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten sind verpflichtet, in ihren AGB alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die sich auf den Zugang zum internen Beschwerdesystem und dessen Funktionsweise beziehen. Diese Informationen müssen zudem öffentlich leicht zugänglich sein und hierbei ist auch die Anzahl der eingereichten Beschwerden, die wichtigsten Arten von Beschwerden, der durchschnittliche Zeitbedarf für die Bearbeitung und die Ergebnisse der Beschwerden anzugeben.

Die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten sind zudem verpflichtet in ihren AGB mindestens zwei Mediatoren anzugeben, mit denen sie bereit sind, zusammenzuarbeiten, um mit gewerblichen Nutzern eine außergerichtliche Beilegung zu erzielen.  Die hierdurch eröffnete Möglichkeit zur Mediation hindert gewerbliche Nutzer aber nicht daran, direkt ein Gericht anzurufen.

Zurück