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04. Februar 2021 | Datenschutzrecht, Informationsrecht, Schutz von Persönlichkeitsrechten | von Dr. Christian Hadeyer

Schüler 1 : 0 Lehrer

Einen Zwischensieg haben die Betreiber der Lehrer- und SchulbeurteilungsApp „Lernsieg“ errungen; das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat die Klage eines Lehrers wegen behaupteter Datenschutz- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen abgewiesen. Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig.

Das Gericht geht davon aus, dass ein berechtigtes Interesse zur Verarbeitung der Daten der betroffenen Lehrer vorliegt: Mit der APP soll eine verstärkte Transparenz im Bereich der Bildung für Schüler, Eltern und die breite Öffentlichkeit erreicht und die Qualität des Unterrichts einer nachvollziehbaren Kontrolle zugänglich gemacht werden. Damit dient die App der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information. Einer Gesamtbewertung der Schule ohne Nennung konkreter Lehrer würde der Zielsetzung nicht gerecht werden, weil die Nachvollziehbarkeit der Unterrichtsqualität konkreter Lehrer nicht gegeben wäre.

Das von den Betreibern der APP verfolgte berechtigte Interesse ist nicht nur ein eigenes, sondern auch ein Interesse der breiteren Öffentlichkeit, schließlich ist ein beachtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung betroffen, sei es als Schüler oder als Eltern.

 

Das Gericht ist sich bewusst, dass sich Schüler mit ungerechtfertigt schlechten Bewertungen an strengen Lehrern „rächen“ könnten; Schülern sollte jedoch nicht pauschal eine missbräuchliche Benutzung unterstellt werden; zudem ist durch die Exklusion von Volks- und Sonderschulen auch eine gewisse geistige Reife der Nutzer sichergestellt, sodass angenommen werden kann, dass etwaige Missbrauchsfälle die Ausnahme darstellen. Da Risiko eines Missbrauchs wird auch dadurch gemindert, dass nur Durchschnittsbewertungen angezeigt werden (die Mindestbewertungsanzahl ist 5, erst dann wird eine Beurteilung angezeigt) und so Abweichungen weniger stark ins Gewicht fallen.

Unproblematisch ist nach Ansicht des Gerichts, dass es keine Reaktionsmöglichkeit der Lehrer auf ihre Bewertungen in der App gibt; dies stellt kein notwendiges Merkmal einer Bewertungsplattform dar.

Zusammengefasst überwiegt das berechtigte Interesse von Schülern, Eltern und der breiten Öffentlichkeit, das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit im Rahmen der App auszuüben, gegenüber den Interessen des Lehrers als Kläger.

Schlussendlich liegt auch keine Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Lehrers vor: Ein uneingeschränktes Recht des Namensträgers, zu entscheiden, ob sein Name in der Öffentlichkeit genannt werden darf, besteht nicht. Der Lehrer als Kläger hat gar nicht behauptet, dass die vorliegende Bewertung über ihn etwas Unrichtiges ausgesagt, was sein Ansehen und seinen guten Ruf beeinträchtigt, ihn bloß stellt oder lächerlich macht, und ist aufgrund der über ihn erstellten Bewertung (2,9 von 5 Sternen) auch nicht ersichtlich. Ausgehend von der konkreten Bewertung fällt daher auch eine Interessenabwägung zugunsten der Betreiber der APP als Beklagte aus.

 

Auch wenn die Entscheidung, wie erwähnt, noch nicht rechtskräftig und gerade die mögliche Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ist dieses – im Lichte der Meinungsäußerungsfreiheit erfreuliche – Urteil wohl wegweisend und eine Orientierungshilfe für andere vergleichbare Fälle.

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